de
de

KVA Werkhof Scheidegg Winterthur

texte

Kerberos im Spitzenkleid; Der Baukörper der Kehrichtverbrennungsanlage Winterthur ist ein städtebaulicher Koloss. Der Koloss braucht aus Sicherheitsgründen einen Zaun. Der Entwurf «Kerberos», eine Zusammenarbeit mit der Künstlerin Katja Schenker, löst sich von der reinen Funktionalität des Zauns. Er fasst die rationale Grossform der Abfallmaschine in einen fragilen Saum.

Kerberos, der Höllenhund der griechischen Mythologie, ist der Torhüter, der die Schwelle zur Gluthölle bewacht. Wer und was in den von ihm beherrschten Bereich gerät, läuft Gefahr, verschlungen zu werden.

Das alles verzehrende Feuer der Kehrichtverbrennungsanlage bleibt hinter dem Baukörper unsichtbar; die Kraft des Kerberos manifestiert sich am Übergang: Wie die textile Bordüre ein schlichtes Kleid veredelt, umsäumt der Zaun den riesigen Komplex.

Bewehrungsmatten, ein so archaisches wie pragmatisches Material, bilden ein rigides, doch fragiles Gitter. Das Stahlgeflecht wurde in einem elaborierten Deformationsprozess in Blechfalzmaschinen und schliesslich vor Ort von einem Bagger zu einem dreidimensionalen Gebilde transformiert.

Der ursprünglich profane Alltagsgegenstand wird durch die Krafteinwirkung zu einem filigranen Gebilde von erstaunlicher Leichtigkeit und Eleganz, das den riesigen Komplex transparent abgrenzt. Verglichen mit der unüberschaubaren Masse der Bauvolumen ist der Saum ein verschwindend kleines, feines, sprichwörtlich fadenscheiniges Element. Für den Passanten jedoch, der sich auf dem Weg zum Bahnhof dicht an ihm entlang bewegt, wird er zu einem skulpturalen Gegenüber, das ihn zuweilen umspielt, einhüllt, sich ihm entgegen wölbt. Der beinahe transparente, durch die Deformation aber körperhafte Zaun verbündet sich in seiner Präsenz und Massstäblichkeit mit dem Passanten.

Ort: Scheideggstrasse 50, Winterthur, Schweiz
Projektphasen: Wettbewerb 2010 1. Preis, Realisierung 2014
Bauherr: Stadt Winterthur
Landschaftsarchitektur: Studio Vulkan
Kunst: Katja Schenker
Architektur: Pool Architekten, Zürich
Fotografie: Daniela Valentini